(PN) 09.01.2018 – Patrouillenboote der israelischen Marine haben am Montag palästinensische Fischerboote im Norden von Gaza gejagt und das Feuer auf sie eröffnet. Anschließend verhafteten sie zwei Fischer und konfiszierten ihr Boot.

Wie das Palästinensische Zentrum für Menschenrechte (PCHR) berichtet, befand sich das Boot mit den Fischern innerhalb der von Israel genehmigten Fischereizone, als morgens gegen sechs Uhr die israelische Marine anfing, auf Boote zu schießen. Die Angriffe setzten sich bis Mittag fort, bis ein israelisches Patrouillenboot nordwestlich von Beit Lahia im nördlichen Gazastreifen gezielt das Feuer auf das Boot der Fischer eröffnete. Zu dem Zeitpunkt befand sich das Boot nach dem Bericht des PCHR innerhalb der Dreimeilenzone.
Mehrere Patrouillenboote umkreisten dann das Boot des Fischers Mohamed Omar al-Najjar, auf dem sich zu der Zeit als Besatzung der 25jährige Jehad Suhail Murad und der 18jährige Mostafa Mohamed Murad befanden. Beide stammen aus al-Shati‘ in Gaza-Stadt.
Unter Bedrohung durch Waffen zwang die israelische Marine die beiden Fischer, sich auszuziehen, ins Wasser zu springen, und zu den Patrouillenbooten hinüberzuschwimmen. Dort angekommen wurden sie verhaftet, ihr Boot wurde konfisziert. Einen Grund für die Verhaftung nannte Israel nicht.
Das PCHR verurteilt in ihrer Stellungnahme die fortwährend stattfindenden Angriffe auf friedlich ihre Arbeit verrichtende Fischer im Gazastreifen und forderte Israel auf, diese Übergriffe umgehend einzustellen. Die Fischer müssten unbehindert in der genehmigten Zone vor dem Gazastreifen fischen dürfen, ohne derartige Überfälle und Verhaftungen fürchten zu müssen. Außerdem forderte das PCHR die unverzügliche Freilassung der beiden verhafteten Fischer. Die internationale Gemeinschaft, vor allem die Unterzeichnerstaaten der Genfer Konvention, forderte das PCHR auf, einzuschreiten und den israelischen Übergriffen auf Fischer eine Ende zu bereiten.
Tote, Verletzte und Verhaftungen
Das Beschießen von palästinensischen Fischern, das Konfiszieren von Booten und Verhaftungen durch die israelische Marine, selbst wenn sich die Boote innerhalb der zulässigen Zone befinden, ist seit Jahren gängige Praxis, mit der Israel die Palästinenser in Gaza bedroht. Immer wieder kommt es zu Übergriffen, bei denen die israelische Marine auch nicht davor zurückschreckt, Fischer zu erschießen, ohne dass dafür ein rechtfertigender Grund vorliegt. Die Organisation Euro-Mid hatte allein für die Zeit von Januar 2011 bis April 2012 insgesamt 150 Übergriffe gegen Fischer gezählt. Dabei wurden 60 Fischer festgenommen, darunter auch neun Minderjährige. Zwölf Männer wurden durch Schüsse verletzt, 13 Boote konfisziert, Netze wurden beschädigt oder zerstört. Seit dieser Erhebung hat sich an der völkerrechtswidrigen Praxis Israels nichts geändert und auch 2017 kam es wiederholt zu derartigen Angriffen auf Fischer, zu Verhaftungen und Tötungen.
Im Abkommen von Oslo war die Fischereizone von Gaza ursprünglich auf 20 Seemeilen festgelegt. Doch Israel hat einseitig in den Jahren danach entschieden, die getroffene Vereinbarung zu ignorieren, und die Zone immer enger gezogen. Seit 2009 erlaubte sie das Fischen nur noch in einer Dreimeilenzone, die dann gemäß der Waffenstillstandsvereinbarung nach dem Gaza-Krieg 2014 auf neun Meilen ausgedehnt wurde. Am 12. Dezember 2017 reduzierte Israel in Verletzung des Abkommens urplötzlich und ohne nachvollziehbaren Grund diese Zone wieder auf sechs Meilen, wogegen das PCHR protestierte.
Eine rechtliche Grundlage für die Verkleinerung der Fischereizone gibt es nicht. Sofern Fischer jedoch aus Sicht Israels zu nah an die Grenze dieser willkürlich von ihr gesetzten Zone gelangen, eröffnet die Marine, auch unter Inkaufnahme von Toten, das Feuer auf die Boote. Zahlreiche junge Palästinenser haben so schon ihr Leben verloren. Im Mai 2017 starb bei einer solchen Schießerei der 25jährige Fischer Mohammad Bakr, Vater von zwei Kindern. Gemeinsam mit seinen zwei Brüdern hatte er innerhalb der erlaubten Zone gefischt, als urplötzlich ein israelisches Kanonenboot auf sie zukam. Die Brüder drehten daraufhin um, und versuchten zurück zum Ufer zu gelangen. Innerhalb von Minuten jedoch war das Boot neben ihnen, und die israelischen Soldaten eröffneten sofort das Feuer auf die unbewaffneten Fischer. Mohammad Bakr wurde von einer Kugel in der Brust getroffen und getötet.
Es ist nicht das erste Mitglied der Familie Bakr, das Israel getötet hat. Während des Gazakrieges 2014 spielten vier Kinder der Bakr Familie, der neunjährige Ismail, die zehnjährigen Ahed und Zakariya und der 11jährige Mohammad am Strand von Gaza Fußball, als sie bei einem gezielten Raketenangriff durch die israelische Armee getötet wurden. Wie damals hat auch nach der Tötung des Fischers Mohammad Bakr die Armee erklärt, sie würde den Vorfall untersuchen. Zur Verantwortung gezogen wurde jedoch niemand.