(PN) 29.01.2018 – Die israelische Armee hat eine Schadensersatzklage gegen eine Palästinenserfamilie erhoben für Schäden an einem Jeep, mit dem israelische Soldaten vor zweieinhalb Jahren einen jungen Palästinenser überfahren und getötet haben.

Der Vorfall ereignete sich am 14. Juni 2015, als israelische Soldaten frühmorgens in das Dorf Kufr Malik, östlich von Ramallah, eindrangen. Nach Angaben der israelischen Armee, habe der 22jährige Abdullah Eyad Ghanayem (Ghneimat) – was von Einwohnern bestritten wird – Steine geworfen. Daraufhin schossen ihm die Soldaten in den Rücken. Gleichzeitig raste ein Militärjeep auf den jungen Mann zu, der wegen des Schusses zu Boden ging. Der Jeep überfuhr den Verletzten, überschlug sich und blieb an einer Mauer hängen. Ghanayem wurde unter dem Fahrzeug begraben und blieb blutend eingeklemmt unter dem Jeep liegen.
Augenzeugen berichteten damals, dass die Soldaten anschließend mehr als drei Stunden lang jede Hilfe für den eingeklemmten Mann verhinderten. Sanitäter wurden verjagt, und auch ein Bulldozer, den Einwohner herbeifuhren, um den Mann unter dem Fahrzeug zu befreien, wurde von den Soldaten nicht an die Unglücksstelle gelassen und beschossen. In der Folge verblutete der 22jährige über Stunden jämmerlich, eingeklemmt unter dem Fahrzeug.
Nun, zweieinhalb Jahre nach dem Tod des jungen Mannes, hat die israelische Armee gegen seine Familie eine Schadensersatzklage in Höhe von umgerechnet 22.600 Euro eingereicht. Die Familie wurde davon per Email informiert. Damit soll die Familie den Schaden an dem Fahrzeug ausgleichen, unter dem ihr Sohn starb.
Nachdem seit dem Tod des Mannes die israelische Armee keine Anstrengungen unternommen hatte, die Aktion der Soldaten rechtlich aufzuklären, hatte der Anwalt der Familie, Naela Attiyeh, Klage gegen die Armee eingereicht, in der Hoffnung, Gerechtigkeit für die Hinterbliebenen zu erreichen. Die Schadensersatzklage wegen des beschädigten Fahrzeugs, unter dem der 22jährige verblutete, soll offensichtlich die Familie bewegen, ihre Forderung nach rechtlicher Aufarbeitung zurückzuziehen.
„Es ist das erste Mal, dass die Armee eine Familie auf Schadensersatz verklagt, deren Kind von Soldaten getötet wurde,“ sagte Attiyeh der Nachrichtenagentur WAFA. „Erst töten sie ihn, und dann verlangen sie Wiedergutmachung.“
Der Vater von Ghanayem, Iyad, mutmaßt, die Armee wolle die Familie mit der Schadensersatzklage erpressen. „Aber wir werden darauf bestehen, egal wie hoch der Preis ist, auch wenn wir wissen, dass die Armee und die Gerichte letztlich zwei Seiten derselben Münze sind.“
„Wenn sie Wiedergutmachung wollen, sollen sie uns erst einmal unseren Sohn wiederbringen“, sagte der verbitterte Vater.
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Ein ähnlicher Vorfall wurde von Journalisten gefilmt und ins Internet gestellt. In dem Video ist zu sehen, wie ein Jeep der israelischen Grenzpolizei weglaufenden Jugendlichen hinterherast und einen palästinensischen Jugendlichen vorsätzlich überfährt. Das Fahrzeug bleibt dabei auf Steinen hängen. Als der verletzte Junge aufstehen will, schlägt ein Grenzpolizist mit dem Gewehrkolben auf ihn ein und tritt ihm auf den Kopf. Herbeieilende Sanitäter des Roten Halbmondes werden ebenfalls angegriffen und geschlagen und dann mit Pfefferspray direkt ins Gesicht geschossen, so dass sie selber verletzt zu Boden gehen und medizinische Hilfe benötigen. Auch Pressevertreter, die das Geschehen filmen, werden mit Pfefferspray angegriffen, gewürgt, geschlagen, und getreten.
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