(PN) 15.02.2018 – Die Zahl der Arbeitslosen im Gazastreifen und in der Westbank weist erhebliche Unterschiede auf. Nach Angaben des Palästinensischen Statistischen Amtes (PCBS) sind weit mehr als doppelt so viele Menschen im Gazastreifen ohne Arbeit, als in der Westbank. Das geht aus dem soeben in Ramallah vorgelegten Bericht zu 2017 hervor.

Das PCBS dokumentiert in seinem Bericht für 2017, dass in der Westbank 18,1% aller Palästinenser ohne Arbeit waren. Im Gazastreifen waren im gleichen Zeitraum mehr als doppelt so viele arbeitslos, nämlich 43,6%. Damit hatte fast die Hälfte aller Einwohner des Gazastreifens keine Arbeit.
Die höchste Arbeitslosenrate von 44,6% für Westbank und den Gazastreifen fand sich im Jahr 2017 bei jungen Menschen im Alter von 20 bis 24 Jahren, und somit in der für die Wirtschaft einer Gesellschaft besonders wichtigen Bevölkerungsgruppe. Fast die Hälfte dieser Arbeitskraft blieb ungenutzt. Frauen, die 13 Jahre zur Schule gegangen sind, waren sogar mit 53,8% von Arbeitslosigkeit betroffen. Damit lag über die Hälfte des Potentials von weiblichen Schulabgängern brach und konnte zur Wirtschaft der besetzten palästinensischen Gebiete nicht beitragen.
Nach Angaben des PCBS hatten 2017 in der Westbank 870.000 Menschen Arbeit und im Gazastreifen 504.600. Auch hier zeigt sich, dass die Schere zwischen männlichen und weiblichen Teilnehmern am Arbeitsleben deutlich auseinandergeht. Während 71,2% der Arbeitnehmer männlich waren, waren es nur 19% bei den Frauen.
Insgesamt steigerte sich die Zahl von Beschäftigten von 2016 zu 2017 in der Westbank um 7.500 Beschäftigte, während sie im Gazastreifen im selben Zeitraum um 5.200 Beschäftigte fiel. Auch in dieser Hinsicht ist die Lage im Gazastreifen weitaus prekärer, als in der Westbank, die keine vergleichbare Totalblockade durch Israel auszuhalten hat.
Große Diskrepanz bei den Löhnen
Größter Arbeitnehmer sowohl in der Westbank als auch im Gazastreifen war der Dienstleistungssektor, mit 32,7% in der Westbank und 53,3% im Gazastreifen. Im öffentlichen Dienst waren in der Westbank nur die Hälfte, nämlich 15,2% beschäftigt. Im Gazastreifen waren es 36,5%.
Auch die Durchschnittslöhne variieren erheblich zwischen den beiden palästinensischen Gebieten. Während in der Westbank im Durchschnitt pro Tag 23 Euro verdient wurden, erhielten Arbeitnehmer im Gazastreifen mit durchschnittlich 11 Euro pro Tag weniger als die Hälfte.
Das PCBS berichtet in seinem Report auch über die Beschäftigungsverhältnisse von Palästinensern in Israel oder in israelischen Siedlungen in den besetzten Gebieten. Danach waren dort insgesamt 130.000 Menschen beschäftigt, davon hatten 67.000 eine Arbeitserlaubnis, 43.400 arbeiteten ohne Genehmigung und 19.400 verfügten über eine israelischen Ausweis oder einen ausländischen Pass. In den Siedlungen stieg die Zahl der Beschäftigten 2017 auf 22.100. Fünfmal soviel arbeiteten in Israel. Dabei stellte der Bausektor mit 61,6% den größten Arbeitgeber.
In der Westbank waren PCBS zufolge 2017 von allen Beschäftigten offiziell 66,9% angestellt und 20,2% freiberuflich tätig. Im Gazastreifen betrug die Angestelltenquote 79,5% mit lediglich 14,1% der Beschäftigten in freiberuflicher Tätigkeit. Und auch im Bezug auf die monatlichen Mindestlöhne zeigten sich deutliche Unterschiede. 38,8% verdienten weniger als das monatliche Durchschnittsgehalt von 330 Euro. 17,9% davon in der Westbank arbeiteten für durchschnittlich gerade einmal 245 Euro im Monat, 80,6% davon im Gazastreifen mussten sogar mit monatlichen Einkommen von nur 166 Euro auskommen. Die Einkommenssituation im Gazastreifen ist damit extrem angespannt.
Nur in Sachen Kinderarbeit waren die Verhältnisse im Gazastreifen besser. Während in der Westbank 4,6% der Kinder zwischen 10 und 17 Jahren arbeiteten, mussten dies im Gazastreifen lediglich 1,7%. Verantwortlich dafür dürfte die generell hohe Arbeitslosenquote im Gazastreifen sein.
Insgesamt zeigt sich anhand des Berichts des Palästinensischen Statistischen Amtes, dass die seit nunmehr zehn Jahren andauernde Totalblockade des Gazastreifens durch Israel auch im wirtschaftlichen Bereich hinsichtlich Beschäftigtenzahlen und Einkommen verheerende Auswirkungen für die dort lebenden Menschen hat.