(PN) 22.02.2018 – Nur wenige Stunden, nachdem Ägypten den Gaza Grenzübergang Rafah für vier Tage geöffnet hat, hat Kairo ohne Angaben von Gründen die erneute Schließung veranlasst und damit Hunderte von Palästinensern auf beiden Seiten der Grenze die Ein- und Ausreise verweigert.

Am Sonntag hatte Ägypten angekündigt, den für den Gazastreifen so wichtigen Grenzübergang Rafah an der Grenze zum Sinai für vier Tage zu öffnen. Damit sollte vor allem die Not von palästinensischen Reisenden gelindert werden, die seit zwei Wochen verzweifelt auf ihre Weiterreise warten. Damals hatte Ägypten ebenfalls angekündigt, den Grenzübergang für vier Tage zu öffnen, dann aber nach einem Tag überraschend die Grenze wieder geschlossen. Begründet wurde dies mit der Sicherheitslage auf dem Sinai, wo sich Ägypten seit Jahren einen weitestgehend erfolglosen Krieg mit extremistischen Islamistengruppen liefert.
In der Folge der Schließung waren rund 160 Palästinenser, die sich auf der Heimreise von Studienaufenthalten oder anderen Aufenthalten im Ausland auf dem Weg von Kairo nach Rafah befanden, mit Bussen wieder zum Kairoer Flughafen zurückgebracht und dort unter unmenschlichen Bedingungen 13 Tage in einer Halle ohne Betten, ohne Duschen und mit nur zwei Toilettenräumen festgehalten worden. Die Versorgung wurde von den Betroffenen als katastrophal und menschenunwürdig bezeichnet. Der Palästinensische Botschafter in Kairo hatte sich bemüht, die Lage zu lindern, sah sich aber mangels Kooperation der ägyptischen Behörden gezwungen, auf die Hoheitsrechte Ägyptens zu verweisen, auf die man keinen Einfluss habe.
Palästinenser, denen es noch gelungen war, den Grenzübergang nach Ägypten zu passieren, berichteten gleichzeitig, dass man ihnen die Weiterreise untersagt hatte. Hunderte von ihnen saßen daraufhin in Al-Arish und Umgebung fest, viele von ihnen mussten auf der Straße übernachten. Auch sie sprachen von schrecklichen Bedingungen.
Am Sonntag nun hatte Ägypten sich endlich einsichtig gezeigt und erklärt, der Grenzübergang Rafah würde von Mittwoch bis Sonntag für die Durchreise wieder geöffnet und die Weiterreise gestattet werden. Doch nur wenige Stunden nach der Öffnung, schloss Ägypten gestern Nacht überraschend den Übergang wieder, womit die palästinensischen Reisenden erneut festsaßen.
Inzwischen wurde ein Krisenteam vom Palästinensischen Botschafter in Kairo eingerichtet, um nach Wegen zu suchen, den Gestrandeten in Kairo am Flughafen und im Nordsinai zu helfen. Gleichzeitig warnte der Botschafter seine Landsleute davor, die Reise über den Nordsinai in der Nacht zu versuchen, da dies wegen der andauernden Konflikte mit bewaffneten Gruppen lebensgefährlich sei.
Rund 30.000 Einwohner des Gazastreifens warten auf die Ausreise
Der Grenzübergang Rafah stellt für Palästinenser die einzige Hoffnung dar, aus der von Israel unter Totalblockade gehaltenen Enklave auszureisen. Ausreisegenehmigungen, auf die die Palästinenser am Grenzübergang oft zermürbend lange Stunden warten müssen, werden allerdings nur in humanitären Fällen erteilt. Darunter fallen Studenten, die im Ausland studieren, Inhaber von Arbeitserlaubnissen im Ausland oder Patienten, die auf dringende Behandlungen angewiesen sind, die im Gazastreifen nicht erbracht werden können. Als Alternative steht nur der Fußgängergrenzübergang Erez zu Israel zur Verfügung. Jedoch verweigert Israel in den meisten Fällen die Ausreise dort, selbst in medizinisch kritischen Fällen. So starben nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) allein im vergangenen Jahr 54 Patienten in Gaza, die meisten davon Krebspatienten, weil Israel ihnen beharrlich die Ausreise zur Behandlung in der Westbank oder Jerusalem verweigerte.
Für Palästinenser im Gazastreifen ist damit der Grenzübergang Rafah die einzige Hoffnung. Rund 30.000 Palästinenser befinden sich derzeit auf einer Warteliste für eine Ausreisegenehmigung über den Rafah-Übergang. Doch Ägypten schließt die Grenze immer wieder, die im Rahmen des Versöhnungsabkommens zwischen der Hamas und der Fatah eigentlich in diesem Jahr dauerhaft geöffnet werden sollte. Solange Kairo die Sicherheitslage im Sinai nicht in den Griff bekommt, bleibt die Reise über Rafah ein Vabanquespiel.
Im Moment sitzen aufgrund der plötzlichen Schließung letzte Nacht erneut Hunderte Palästinenser unter verheerenden Bedingungen im Sinai fest und rund 160 Palästinenser in Kairo müssen weiterhin ohne ausreichende Versorgung und sanitäre Verhältnisse im Flughafen ausharren. Etliche klagen nach zwei Wochen ohne Waschmöglichkeit bereits über Hautausschläge. „Wir haben nicht einmal Seife. Es ist eine Katastrophe“, sagte ein Reisender. „Tiere würde man so nicht halten.“
Wann die Palästinenser endlich eine Chance bekommen, nach Hause in den Gazastreifen zu reisen, ist derzeit völlig offen.