(PN) 07.03.2018 – Die israelische Menschenrechtsorganisation B‘Tselem hat ein Video veröffentlicht, auf dem zu sehen ist, wie israelische Soldaten einen palästinensischen Vater mit seinen vier Kindern im Auto zwingen, in eine Straße zu fahren, in der Steine gegen Soldaten geworfen werden. Damit sollten die israelischen Soldaten vor den Angriffen geschützt werden.

Der Vorfall ereignete sich bereits am 16. Februar, als Siedler ihren Jahresumzug in Hebron durchführten, mit dem sie an das Massaker in der Ibrahimi-Moschee erinnerten. Am 25. Februar 1994 hatte ein rechtsradikaler amerikanischer Israeli, Baruch Goldstein, in der Ibrahimi Moschee wahllos auf betende Palästinenser geschossen und dabei 29 Menschen getötet. Das jüngste Opfer war 12 Jahre alt. Außerdem wurden 125 Muslime zum Teil schwer verletzt. Der damalige israelische Ministerpräsident Rabin nannte den Attentäter einen „degenerierten Mörder“ und „eine Schande für den Zionismus“. Radikale israelische Siedler in Hebron feiern jedoch bis heute diese blutige Tat.
Am Freitag, 16. Februar 2018, war ein großes Aufgebot israelischer Soldaten in Hebron in den Straßen, um die Siedler bei ihrem Umzug zu schützen. In der a-Shalala Straße nahe der Ibrahimi-Moschee kam es in der Folge zu Zusammenstößen mit palästinensischen Jugendlichen, die mit Steinen warfen.
Der Palästinenser Hani al-Ja‘bri kam zu diesem Zeitpunkt mit seinen vier Söhnen im Alter von vier bis 13 Jahren vom Freitagsgebet und fuhr mit seinem Auto vorbei. Auf dem Video, das von einem Passanten mit dem Smartphone aufgenommen wurde, ist zu sehen, wie die israelischen Soldaten den Wagen anhalten, den Mann zwingen zurückzusetzen in die Straße, in der die Zusammenstöße stattfinden, und das Auto mit sich und seinen Kindern direkt in die Schusslinie der Steinewerfer zu parken. „Sag ihm sie wollen den Wagen in der Mitte der Straße, damit die Steine ihn treffen“, hört man einen israelischen Soldaten zu Kollegen sagen, die das Fahrzeug mit dem Vater und seinen Kindern umringen.
Dann verlangt ein Soldat lautstark von dem Mann die Herausgabe der Autoschlüssel, was er zunächst verweigert, da er dafür keine Rechtfertigung erkennen kann. Ohne weitere Erklärung werden dem palästinensischen Mann daraufhin gewaltsam die Autoschlüssel entwendet, damit er seinen Wagen nicht wegfahren kann. Dann erst werden die verstörten Kinder aus dem Wagen gelassen.
Al-Ja‘bri brachte seine Kinder zu einem nahegelegenen Gemüseladen und bat, man möge dort auf sie aufpassen. Dann kehrte er zu seinem Fahrzeug zurück und musste dort so lange ausharren, bis das Werfen von Steinen ein Ende hatte.
Sein 13jähriger Sohn, Issam al-Ja‘bri, beschrieb gegenüber B‘Tselem die für alle bedrohliche Situation: „Die Soldaten schrien meinen Vater an, er soll den Wagen in die a-Shalala Straße fahren. Mein jüngster Bruder, Suheib, der vier ist, fing an zu weinen. Er hatte fürchterliche Angst. Ich hatte auch Angst, dass Steine unser Auto treffen könnten. Ich hatte auch Angst, dass die Soldaten meinen Vater verletzen würden, der wirklich sehr gestresst und nervös war. Mein Vater hat uns dann in einen Gemüseladen auf der Straße gebracht und den Besitzer gebeten, auf uns Acht zu geben. Wir waren in dem Geschäft ungefähr eine halbe Stunde. Ich habe mir schreckliche Sorgen gemacht, dass meinem Vater etwas geschieht.“
Im Gazakrieg 2014 hatte Israel immer wieder öffentlich den Vorwurf erhoben, Kämpfer der Hamas würden Palästinenser als menschliche Schutzschilde einsetzen – hatte eigenes Fehlverhalten dieser Art, das dokumentiert wurde, aber stets geleugnet. Das Video aus Hebron zeigt, dass israelische Soldaten zum eigenen Schutz vor Steinwürfen bereit sind, selbst kleine Kinder in die Gefahrenzone zu zwingen und sich bei gewaltsamen Auseinandersetzungen hinter unschuldigen Palästinensern zu verschanzen. Dieses Verhalten und die Inkaufnahme, dass das Fahrzeug des Mannes dabei beschädigt werden könnte, stellen einen schweren Verstoß gegen die Genfer Konvention dar. Als Besatzungsmacht, darauf hat B‘Tselem in der Vergangenheit wiederholt hingewiesen, hat Israel die Pflicht, die zivile Bevölkerung zu schützen, nicht sie als Schutzschilde in Konfliktsituationen zu missbrauchen.