(PN) 15.03.2018 – Israels Eskalation der Gewalt gegen Fischer aus Gaza nimmt kein Ende. Am Montag verhaftete die israelische Marine erneut zehn Fischer auf ihren Booten, darunter ein 15jähriges Kind, vorgestern beschoss die Marine abermals Fischerboote. Gestern übergab Israel nach 18 Tagen Blockade endlich die Leiche des 18jährigen Fischers, den israelische Marinesoldaten ohne rechtfertigenden Grund am 25. Februar auf einem Fischerboot vor Gaza erschossen hatten.

Vor knapp drei Wochen hatte die israelische Marine von Patrouillenbooten aus ohne rechtfertigende Veranlassung mit scharfer Munition auf das Fischerboot von Mahmoud Adel Abu Reyala geschossen und ihn dabei in die Brust getroffen. Der 18jährige Ismail Saleh Abu Reyala wurde bei dem Angriff getötet.
Wie immer in solchen Fällen wurde das Fischerboot konfisziert, die Überlebenden verhaftet und in den israelischen Hafen Ashdod Port gebracht. Während der verletzte Mahmoud und ein weiteree mit ihm fahrender Fischer nach einigen Stunden freigelassen wurden, gab Israel die Leiche des getöteten 18jährigen nicht frei. Und das im Wissen, dass im Islam die Bestattung spätestens am Tag nach dem Tod erfolgen soll.
Als Hintergrund wurde genannt, dass die Familie eines im Gazakrieg 2014 angeblich von der Hamas im Gazastreifen verhafteten israelischen Soldaten darauf bestand, dass die Leiche des 18jährigen nicht herausgegeben wird, bis die Hamas ihren Sohn freilasse. Bis heute ist allerdings nicht erwiesen, dass ihr Sohn, Hadar Goldin, tatsächlich verhaftet wurde oder nicht möglicherweise bei den israelischen Angriffen auf Gaza ums Leben kam. Die Familie hält sich aber an dem Gedanken fest, dass der Sohn noch am Leben sei und die Hamas ihn lediglich nicht herausgeben wolle, etwas, das von der Hamas wiederholt bestritten wurde.
Vor einem israelischen Gericht erwirkte die Familie von Goldin zunächst, dass die Leiche des getöteten 18jährigen Fischers nicht freigegeben werde, praktisch als Faustpfand für ihren Sohn. Und das, obwohl weder der unschuldig getötete Fischer noch seine Familie mit der Angelegenheit des israelischen Soldaten irgendetwas zu tun hatten. Zunächst gab das israelische Gericht in einem Eilantrag der Bitte statt, entschied dann jedoch, dass die Leiche des jungen Palästinensers am 14. März an die Familie zu übergeben sei.

Gestern nahm nach 18 quälenden Tagen die Familie Abu Reyalas den Leichnam des grundlos von Israel getöteten jungen Fischers am israelischen Grenzübergang Erez in Empfang und brachte ihn in das zentrale al-Shifa Krankenhaus in Gaza Stadt, wo in der Leichenhalle endlich die traditionelle Waschung vorgenommen werden konnte.
Dabei musste die Familie in ihrer Trauer feststellen, dass selbst noch nach dem Tod ihres Sohnes Israel es nicht unterließ, sie zu erniedrigen. Nicht genug, dass der 18jährige auf seinem in der zulässigen Sechs-Meilen-Zone fahrenden Fischerboot ohne rechtfertigenden Grund erschossen wurde – bei der Übergabe der Leiche hatte Israel entgegen aller internationaler Gepflogenheiten, Körper in neutral schwarzen Bodybags zu übergeben, die Leiche des getöteten Jungen in einen weißen Plastiksack gesteckt, auf dem demonstrativ der Davidstern aufgedruckt war. Als sollte auf diese Weise den Palästinensern nochmals deutlich gemacht werden, wer in Gaza das Sagen über Leben und Tod hat.

Ismail Saleh Abu Reyala wurde heute, 19 Tage nach seiner Erschießung durch die israelische Marine, unter großer Anteilnahme in Gaza beigesetzt.
Israel verhaftet weitere Fischer und beschießt erneut Fischerboote
Während der Kampf um die Herausgabe des getöteten Fischers noch andauerte, haben israelische Marinesoldaten am Wochenanfang erneut Fischerboote vor der Küste von Gaza in ihre Gewalt gebracht und insgesamt zehn Fischer, darunter einen 15jährigen Jungen, verhaftet. Die Fischer wurden dabei wie üblich unter Waffengewalt gezwungen, sich auf ihren Booten auszuziehen und nur in Unterhose bekleidet in das kalte Wasser zu springen und zu den Patrouillenbooten zu schwimmen. Dort wurden sie umgehend verhaftet, obwohl sie sich innerhalb der Sechs-Meilen-Zone befanden und insofern keine Rechtsverletzung begangen hatten. Am Dienstag ließ Israel den 15jährigen Jungen, Ahmad Ziad al-Bardawil, frei, hielt aber die anderen Fischer weiter in Haft.
Am selben Tag, Dienstag, beschossen israelische Patrouillenboote erneut Fischerboote aus Gaza. Verletzungen und Verhaftungen wurden nicht bekannt.
Während Israel selbst – und wiederholt willkürlich – die zulässige Meilen-Zone für Fischer aus Gaza festlegt, verhaftet und beschießt sie Fischer selbst dann, wenn sich deren Boote nur drei oder vier Meilen vor der Küste und damit in der von Israel genehmigten Zone befinden. Ziel der Verhaftungen ist es, die Fischer bei den Verhören in Ashdod unter Druck zu setzen, Informationen über Bewohner des Gazastreifens, insbesondere über Hamas-Mitglieder, an den israelischen Geheimdienst zu geben. Dabei versucht Israel nicht nur, die inhaftierten Fischer als Informanten zu missbrauchen, sondern auch regelmäßig unter Anwendung von Drohungen, als Spione zu rekrutieren. Auf diese Weise soll unter der eingekesselten Bevölkerung von Gaza das Misstrauen untereinander gesät und Unruhe gestiftet werden. Im übrigen dienen die Attacken auf Fischerboote und die tagelangen Inhaftierungen dazu, das wirtschaftlich am Boden liegende Gaza auch im Bereich der Fischerei zu beschädigen. In einem Bericht im vergangenen Jahr hatte die israelische Menschenrechtsorganisation B’Tselem darauf hingewiesen, dass die fortlaufenden Beschießungen und Verhaftungen den Fischereizweig in Gaza praktisch zerstört habe. 95% der Fischer in Gaza lebten inzwischen unter der Armutsgrenze und wären auf humanitäre Hilfe angewiesen.