(PN) 16.05.2018 – Ungeachtet der außergewöhnlich deutlichen internationalen Proteste und Appelle an Israel, keine scharfe Munition gegen unbewaffnete Demonstranten einzusetzen, geht das Töten weiter. Israelische Soldaten erschossen Dienstagabend im Gazastreifen zwei weitere palästinensische Demonstranten, darunter einen 18jährigen. Ein 16jähriger starb an den Folgen der Schussverletzungen vom Montag. Damit erhöht sich die Zahl der durch Israel getöteten Palästinenser auf 63. Außerdem wurden weitere über 400 Demonstranten durch Schüsse und Tränengasangriffe verletzt, so dass sich die Zahl der Verwundeten auf über 3.000 erhöht.

Nach Angaben des Palästinensischen Gesundheitsministeriums sind seit Montag 3.188 Demonstranten im Gazastreifen durch israelische Soldaten verletzt worden, darunter 288 Kinder, 70 Frauen, 10 Sanitäter und 12 Journalisten. Außerdem wurden zwei Krankenwagen angegriffen und beschädigt.
Am gestrigen Dienstag starb der 16jährige Talal Adel Ibrahim Matar im al-Shifa Krankenhaus in Gaza Stadt an den Folgen der Schussverletzungen, die ihm am Montag israelische Scharfschützen zugefügt hatten.
Am Dienstagabend erschossen israelische Soldaten östlich des al-Boreij Flüchtlingscamps im zentralen Gazastreifen den 17jährigen Bilal Bodeir al-Ashram und den 51jährigen Nasser Ahmad Mahmoud Ghorab. Beide wurden mit scharfer Munition in die Brust getötet. Außerdem erlitten 417 Demonstranten an verschiedenen Stellen des Gazastreifens durch Schüsse und Beschuss mit Tränengaskanistern zum Teil erhebliche Verletzungen.
Insgesamt starben allein seit Montag 63 Palästinenser durch Angriffe der israelischen Armee. Seit Beginn der Proteste am 30. März wurden 117 Palästinenser getötet.
Medienberichten zufolge warfen israelische Flugzeuge am Dienstag über den Protestcamps bei al-Boreij und bei Khan Younis SIM-Karten ab mit dem Versuch, Kollaborateure unter den Palästinensern zu rekrutieren. Diese sollten über die Karten mit der israelischen Armee telefonieren und Anführer der Demonstrationen denunzieren. Später warf die israelische Luftwaffe Feuerbomben auf das Protestcamp bei al-Boreij ab.
Die israelische Armee betont immer wieder, dass sie lediglich auf die Beine ziele und im übrigen nur „Terroristen“ als Ziel nehme, die versuchten, den Grenzzaun zu beschädigen oder zu überwinden. In einem Video, das im Internet verbreitet wurde, ist nun zu sehen, wie am Montag einem Mann, der weitab vom Grenzzaun war und eindeutig keine Gefahr für die Soldaten darstellte, gezielt in den Kopf geschossen wurde. Der Mann hat nicht überlebt.
Juristisch gesehen handelt es sich bei dieser Erschießung um ein Kriegsverbrechen und damit um einen Fall für den Internationalen Strafgerichtshof. Für die Anwendung tödlicher Gewalt bestand nicht die geringste Rechtfertigung.
Rupert Colville, Sprecher des Hohen Menschenrechtskommissars der Vereinten Nationen, betonte am Dienstag gegenüber der Presse nochmals, dass der Einsatz tödlicher Gewalt nur dann berechtigt ist, wenn eine „unmittelbare Gefahr für Leib und Leben“ besteht. Sich dem Grenzzaun zu nähern, zu versuchen, diesen zu überwinden, oder diesen zu beschädigen, stellten keine ausreichenden Gründe für den Einsatz tödlicher Gewalt dar. „Genug ist genug“, sagte der Sprecher der Vereinten Nationen.
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Anmerkung: In einer ersten Version des Beitrags wurde das Alter des getöteten Bilal Bodeir al-Ashram mit 18 angegeben. Nach Recherchen von Defense for Children Palestine war der Junge tatsächlich erst 17 Jahre alt.