(PN) 17.10.2018 – Nachdem am Wochenende eine 48jährige Palästinenserin von jungen israelischen Siedlern getötet wurde, haben sich die UN und die USA schockiert gezeigt über den Mord und den Angehörigen ihr Mitgefühl ausgesprochen. Das Auswärtige Amt dagegen schweigt beharrlich.

Der Vorfall ereignete sich am späten Freitagabend südlich von Nablus in der Westbank. Die 48jährige Aisha Muhammad al-Rabi war mit ihrem Mann Yacoub und der gemeinsamen achtjährigen Tochter Rama auf dem Rückweg von einem dreitägigen Besuch bei einer ihrer älteren Töchter in Hebron. Auf einer Straße südlich von Nablus, in unmittelbarer Nähe des israelischen Militärkontrollpunktes Zaatara, wurde das Fahrzeug plötzlich von einer Gruppe israelischer Jugendlicher mit Steinen beworfen. Ein Stein durchschlug die Windschutzscheibe und traf die 48jährige Mutter am Kopf.
Die achtjährige Rama berichtete später: „Steine regneten auf uns herab, ich wusste überhaupt nicht was geschah und mein Kopf war voller Glassplitter. Ich sah meine Mutter, sah wie sie am Kopf blutete, sie sagte nichts, und ich fing an zu weinen.“ Mehrfach, so ihr Vater Yacoub, der bei dem Anschlag verletzt wurde, habe seine kleine Tochter die Mutter angefleht, mit ihr zu reden, doch ohne Erfolg. Yacoub raste mit seiner schwerverletzten Frau nach Nablus ins Krankenhaus, aber beim Eintreffen war Ramas Mutter tot.

Die Palästinensische Regierung verurteilte den Mord an der achtfachen Mutter am Samstag scharf und sprach von einem „Terroranschlag“, für den die israelische Regierung verantwortlich sei. Diese lasse es kontinuierlich zu, dass die Gewalt illegaler Siedler gegen die palästinensischen Bewohner in der Westbank eskaliere, weil sie die Verantwortlichen nicht zur Rechenschaft ziehe.
Tatsächlich beklagen auch israelische Menschenrechtsorganisationen wie B’Tselem und Rabbis for Human Rights seit langem die zunehmende Gewalt israelischer Siedler und die Tatsache, dass die Polizei nicht einschreitet und die israelische Armee oftmals die gewalttätigen Siedler sogar noch schützt.
Die palästinensische Regierung forderte die Weltgemeinschaft auf, endlich für den Schutz der Palästinenser in der Westbank zu sorgen und völkerrechtliche Beschlüsse, allen voran die UN-Resolution 2334, durchzusetzen. „Die internationale Gemeinschaft sollte sich für ihr Schweigen und ihre Komplizenschaft, für das Blut von al-Rabi und die Tränen und den Schmerz ihrer Familie und ihrer Kinder schämen“, so das Palästinensische Außenministerium in einer Erklärung vom Samstag. Man werde das Verbrechen an den Internationalen Strafgerichtshof melden, „damit die Kriminellen für diese Tat zur Verantwortung gezogen werden“.
„Die Besatzung hat unser Glück zerstört“
Der tödliche Mordanschlag hat die Familie al-Rabie in tiefe Verzweiflung getürzt. Gerade erst hatte die 48jährige Aisha gemeinsam mit ihren Töchtern ein Universitätsstudium erfolgreich beendet, das sie hatte abbrechen müssen, als sie heiratete. Nun hatte sie den Abschluss nachgeholt und konnte sich über den Erfolg freuen. Und noch eine Freude stand ins Haus: Eine der älteren Töchter von Aisha al-Rabi sollte in zwei Wochen heiraten. Die Mutter war deshalb zu Hochzeitsvorbereitungen nach Hebron gereist, um dort drei Tage lang mit der anderen Tochter an den Vorbereitungen für den großen Tag zu arbeiten. Auf dem Rückweg, so ihr Ehemann Yacoub, hätten sie mit der kleinen Rama aufgeregt über das bevorstehende große Familienfest geredet, als der tödliche Anschlag plötzlich alles beendete.
Seitdem ist die Achtjährige schwer traumatisiert und fragt kontinuierlich nach der Mutter, die am Samstag in ihrem Heimatdorf Bidaya im Bezirk Salfit unter Anteilnahme von Tausenden von Trauernden beigesetzt wurde. Aishas Tochter Lamis sprach Reportern gegenüber davon, mit wie viel Freude sich die Mutter auf die Hochzeit vorbereitet hatte. „Aber die Besatzung hat unser Glück zerstört.“ Aishas Mutter, die 70jährige Azziya, berichtete von dem letzten Telefonat, in dem Aisha sie gebeten hatte, auf sich aufzupassen und den Vater zu grüßen. Dann habe sie erzählt, dass Yacoub sie abholen würde, damit sie gemeinsam nach Hause fahren könnten. „Ich wusste nicht, dass es unser letztes Gespräch sein würde“, sagte die 70jährige der palästinensischen Nachrichtenorganisation Ma’an bei der Beerdigung unter Tränen. „Ich wünschte, ich hätte länger mit ihr geredet. Es war unser letztes Gespräch!“
Israelischer Minister „Eine Nichtigkeit von einem Vorfall“
Die israelische Polizeiabteilung, die rechtsextreme Vorfälle in der Westbank untersucht, sowie der israelische Inlandsgeheimdienst Shin Bet bestätigten am Samstag, dass Ermittlungen in der Sache eingeleitet wurden. Gleichzeitig wurde eine Nachrichtensperre in der Sache verhängt, so dass ab sofort die Presse nicht weiter über Entwicklungen in dem Mordfall berichten darf.
Für erhebliche Kritik sorgte am Sonntag der israelische Tourismusminister, Yariv Levin von der Likud Partei, der „linke Aktivisten“ wie den ehemaligen Vorsitzenden der israelischen Organisation Peace Now, Yariv Oppenheimer, im israelischen Armeeradio beschuldigte, jüdische Siedler auf der Basis „einer Nichtigkeit von einem Vorfall“ zu beschuldigen.
Oppenheimer reagierte empört und nannte den Minister daraufhin „eine Nichtigkeit von einem Menschen“. Die ehemalige Vorsitzende der Meretz Partei in der Knesset, die Abgeordente Zehava Gal-On, zeigte sich auf Twitter ebenfalls entsetzt. „Die Nichtigkeit eines Vorfalls, von der Levin spricht, ist der Mord an einer Frau. Aber sie ist eine Palästinenserin und Levin ist eine Nichtigkeit von einem Mann, also muss man sich über seine umnachtete Reaktion nicht wundern.“
UN und USA verurteilen – Deutschland schweigt
Der UN Sonderbeauftragte für den Friedensprozess im Nahen Osten, Nickolay Mladenov, verurteilte am Sonntag den Mordanschlag auf die 48jährige palästinensische Mutter Aisha al-Rabi und die Verletzung ihres Ehemanns Yacoub. „Solche Angriffe ziehen nur alle Beteiligte in eine neue Spirale der Gewalt, die die Möglichkeit eines Friedens zwischen Palästinensern und Israelis weiter untergräbt. Ich appelliere an alle, Gewalt zu verdammen und sich gegen Terrorismus aufzulehnen.“ Der UN Sonderbeauftragte forderte Israel auf, dafür Sorge zu tragen, dass die Verantwortlichen schnellstmöglichst vor Gericht gestellt werden. „Meine Gedanken und Gebete sind bei der Familie und den Freunden von Aisha und ich wünsche ihrem verletzten Ehemann eine schnelle Genesung“, so Mladenov.
Am Montag schloss sich die US-Amerikanische Regierung der Forderung nach schneller juristischer Aufarbeitung des Mordanschlags an. Auf Twitter sprach das amerikanische Konsulat in Jerusalem der Familie ihr Mitgefühl aus. „Der Tod der palästinensischen Mutter von acht Kindern, Aisha al-Rabi, an diesem Wochenende in der Westbank erfüllt uns mit Trauer“, so die Erklärung. „Unsere Gedanken und Gebete sind in dieser schweren Zeit bei der Familie. Wir dringen darauf, die Täter zur Verantwortung zu ziehen.“ Präsident Trumps Sonderbeauftragter für den Mittleren Osten, Jason Greenblatt, nannte den Anschlag auf Twitter „verwerflich“ und versicherte ebenfalls der Familie sein Mitgefühl.
Die Bundesregierung ließ den Mord an der Palästinenserin, über den in der deutschen Presse nicht berichtet wurde, dagegen unkommentiert.
Als vor zehn Tagen ein Palästinenser in der Westbank zwei Israelis tötete, hatte das Auswärtige Amt unmittelbar danach eine Pressemitteilung herausgegeben in der es hieß:
„Wir verurteilen diesen Anschlag auf das Schärfste. Den Hinterbliebenen der Opfer gilt unser Mitgefühl. Den Verletzten wünschen wir rasche Genesung.“
Nach dem Mord an der achtfachen palästinensischen Mutter Aisha al-Rabi am vergangenen Freitagabend schwieg das Auswärtige Amt. Weder verurteilte das Auswärtige Amt den Anschlag, noch sprach die Bundesregierung den Opfern ihr Mitgefühl aus oder wünschte dem verletzten Ehemann rasche Genesung.
Das Schweigen dauert bis heute, fünf Tage nach dem Anschlag, an.

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Der ewige Kreislauf: Aus Opfern werden Täter und dann geht es natürlich auf wehrlose los! Mit den eigentlichen Schuldigen machen die ursprünglichen Opfer lieber Geschäfte und Militärbündnisse und gehen auf Schwache los.Wer wundert sich in Echt über das Grösse Schweigen?Auf die nächste Runde wie aus Opfern Täter werden! Ich wünsche der kleinen Tochter gute Genesung und viel Resilienz für die Zukunft! Sorry für den Anteil Deutschlands an Deiner Mördergeschichte.
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